N un ist er da. Der heiß ersehnte Tag.
Die 24. und somit letzte Tür im #bringbackthelove Adventskalender darf geöffnet werden.
Und weil ihr bestimmt, genau wie wir, heute nicht den ganzen Tag am Handy oder Computer hängen wollt, mach ich‘s ganz kurz und wünsche euch direkt viel Freude beim Lesen der heutigen Geschichte im Kalender.
Tür Nummer 24: Haylie – ein Wunder über 7 Jahre
Da ihr diese Geschichte auf meinem Blog lest, wisst ihr bestimmt schon bestens Bescheid über meine große Kämpferin: Meine Haylie.
Ihr habt bestimmt schon gelesen wie heimtückisch und schrecklich die Krankheit Tay-Sachs ist und wie viele Kinder jedes Jahr daran sterben. Ihr habt bestimmt gelesen, dass die Lebenserwartung laut Statistik nur bei 3 bis 5 Jahren liegt.
Und vielleicht habt ihr auch in unserem Beitrag vom Vorjahr gelesen wie schlecht es um Haylie stand nach ihren ersten großen Epileptischen Anfällen. Damals hörte ihr kleines Herz beinahe auf zu schlagen, und meines gleich mit. Es war die schlimmste Zeit meines Lebens. Vier Wochen im Krankenhaus, komplett verängstigt, nicht mehr fähig richtig zu denken. Jeden Tag habe ich geweint, und völlig normale Dinge wie Essen, Schlafen, Atmen fielen mir plötzlich unheimlich schwer.
Wir verbrachten die Tage damit uns von Haylie zu verabschieden. Wir waren nicht bereit sie gehen zu lassen, sie war doch erst 18 Monate! Sie hatte doch erst die Hälfte der Lebenszeit erreicht die sie laut Statistik haben sollte. Sie hatte erst einen Geburtstag gefeiert, konnte erst Zwei mal mit uns Weihnachten feiern! Es war zu früh.
Es war eine unfassbar schreckliche Zeit. Aber Haylie hat gekämpft. Sie hat gezeigt das sie leben will! Sie hat sich noch einen Geburtstag erkämpft und noch ein Weihnachtsfest, und dann noch eines und noch eines.
Dann gingen Haylies Papa und ich getrennte Wege und wir haben gehofft, dass sie es gut verkraften würde, dass sie nun nicht der Lebenswillen verlässt. Und sie blühte direkt auf, es schien ihr viel besser zu gehen als sie merkte, dass Mama wieder glücklich wurde.
Mein neuer Lebensbegleiter durfte Haylie noch kennenlernen – das hatte ich mir so sehr gewünscht. Die beiden bauten eine Beziehung auf, wir wurden zu einer richtigen Familie. Und dann feierten wir zum ersten Mal gemeinsam Weihnachten, das ist nun genau 3 Jahre her! Ich war so glücklich darüber! Wer hätte das gedacht?
Innerhalb eines Jahres beschlossen wir, dass wir uns noch von Herzen ein Geschwisterchen wünschten für Haylie und dass wir keine Zeit verlieren dürfen, damit Sie eine Chance hat dieses kleine Wunder noch kennenzulernen.
Und wie als wäre es von Anfang Schicksal gewesen schlug es sofort ein und ich war schwanger. Vieles änderte sich nun. Ich durfte Haylie nicht mehr tragen, später dann auch nicht mehr auf meine Brust legen. Ich musste viele Bereiche der Pflege an Stefan abgeben. Das fiel mir sehr schwer…
Wir beschlossen auch umzuziehen, denn in unserer kleinen Wohnung reichte der Platz einfach nicht mehr. Noch ein Umzug, würde Haylie diese Strapazen überstehen?
Und so verging Woche um Woche meiner Schwangerschaft und jede Woche hoffte ich weiter, dass Haylie durchhalten würde. Dass ihre Schwester noch geboren werden könnte, bevor Haylie gehen muss.
Es war ein Bangen und Hoffen, ein mit dem Schlimmsten rechnen aber vom Besten ausgehen.
Nach fast 41 Wochen kam unser Zeichen der Hoffnung dann endlich zur Welt und Haylie hatte so gekämpft! Sie durften sich gleich am Tag nach Helenas Geburt im Krankenhaus kennenlernen und das erste Mal so richtig kuscheln. Sie hatte es geschafft – wiedermal hat sie es allen gezeigt! Ich war so wahnsinnig stolz und so überglücklich, dass wir nun wirklich zu viert waren!
Letztes Jahr konnten wir dann sogar das heiß ersehnte Weihnachtsfest als vierköpfige Familie feiern – es war einfach unglaublich schön. Eine so wunderschöne Erinnerung.
Im Jänner bekam ich dann den schönsten Heiratsantrag: Ein entzückendes Video, indem Stefan Haylie fragt ob er sich ab sofort um Mama kümmern darf und natürlich auch um Haylie. Die nächste große Hoffnung wuchs in mir: Zu heiraten mit allen beiden Kindern bei mir. Diesen besonderen Tag in vollen Zügen zu genießen mit Haylie – lebendig – und Helena an unserer Seite. Wir legten das Datum schon auf September um nicht zu viel Zeit zu verlieren, immer hoffend, dass Haylie es bis dahin noch schaffen würde. Und wieder bewies sie ihren enormen Lebenswillen! Auch sie wollte an diesem Tag mit dabei sein!
Diesen Tag werde ich niemals vergessen. Es war perfekt. Einfach perfekt.
Doch wie es so ist, hatten wir auch ganz viele schreckliche Momente. Situationen, die anfangs noch der blanke Horror waren, wurden durch die Häufigkeit schon fast normal für uns. Nicht nur einmal ist Haylie dem Tod gerade noch von der Schippe gesprungen.
Viele Male, wenn sie brechen musste, weil sie die Sondennahrung einfach nicht vertrug, und dann ganz blau wurde und fast erstickte oder wenn sie durch die Krampfanfälle enorme Sättigungsabfälle hatte, dachten wir: Jetzt ist es aus.
So viele Male habe ich ihr, mit blanker irrationaler Hoffnung, dass sie es irgendwie überleben würde den festen Schleim oder das Erbrochene aus dem Rachen gesaugt. Immer und immer wieder. Bis sie endlich wieder atmete.
So viele Male habe ich ihre kleine Hand gehalten und gefleht, dass sie noch ein bisschen länger durchhält. So viele Male brach ich zusammen, nachdem sie sich wieder stabilisierte, weil es dich fast umwirft, wenn dieser enorme Druck, diese Blanke Angst in solche einer Situation dann endlich wieder abfällt.
Und jedes Mal rechnest du mit ihrem Tod. Du versuchst stark zu sein, bist es aber absolut nicht. Du versuchst sie gehen zu lassen, wenn sie es denn will. Kannst aber nicht loslassen. Du kannst nur flehen das sie weiterkämpft.
Es gab so viele dieser düsteren Momente. So oft gebangt. So oft hatte ich Todesangst. Viel zu oft.
Und doch ist sie noch hier. Sie ist immer noch hier. Und das ist einfach nur UNFASSBAR.
Es ist das größte Wunder, das ich mir je hätte vorstellen könnte. Und es ist so viel mehr als nur ein Wunder.
Es ist unbrechbarer Lebenswille.
Es ist unheimliche Bewunderung.
Es ist unglaublicher Stolz.
Es ist pure bedingungslose Liebe.
Es ist unfassbare Dankbarkeit.
Es ist unvernünftige irrationale Hoffnung.
Es ist Kampfgeist, in jedem von uns.
Mein Kind lebt noch! Sie lebt immer noch mit nun 7 einhalb Jahren und sie schlägt sich immer noch tapfer.
Und in all der Zeit durften wir so viel Menschlichkeit erfahren. Haylie hat so viele Herzen berührt, sie hat so viel bewegt hier auf dieser Erde. Sie hat schon jetzt ganz tiefe Spuren hier hinterlassen.
Viele Menschen, damalige Freunde, haben uns den Rücken gekehrt. Viele mussten wir auch gehen lassen. Doch wir durften auch so viele unglaubliche Menschen, die wir heute Freunde nennen dürfen, kennenlernen. So viele Menschen haben uns ins Herz geschlossen und haben auch wir ins Herz geschlossen. Wir wurden in so vielen Hinsichten reich beschenkt.
Und heute am 24.Dezember 2017 kann ich mein Glück kaum fassen. Ich weiß nicht womit ich es verdient habe, dass ausgerechnet meine Tochter mit dieser schrecklichen Krankheit so lange durchhält. So lange weiterkämpft.
Es gibt keine Worte die das Gefühl beschreiben, das ich heute und an jedem einzelnen Tag mit meinem Kind, mit meinen beiden Kindern und meinem Mann empfinden darf.
Wir wünschen euch heute und an jeden einzelnen Tag auch ganz viel Liebe, Freude, Dankbarkeit, Achtsamkeit, unvergessliche Momente zusammen und viele viele Wunder die auch euren Weg begleiten sollen!
Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
29. Dezember 2017 um 12:27Â Uhr
Danke für diesen wunderschönen Adventskalender der anderen Art. Ich bin selber Frühchen und schwer hörbehindert. Heute noch profitiere ich von allem, was meine Eltern in meiner Kindheit für mich getan haben, damit ich im Leben zurecht komme. Mit der nötigen Konsequenz (ich fand die Therapien nicht immer angenehm als Kind), aber auch mit sehr viel Liebe haben sie mir so vieles ermöglicht. Manches Mal hat meine Mutter gegen ärztlichen Rat gehandelt, auf ihr Gefühl gehört und Recht behalten. Elterliche Liebe ist so wichtig.
Danke dir, dass du diesen Geschichten hier Raum gegeben hast und auch für deinen Mut, so ehrlich von eurem Leben zu erzählen.
Alles Gute für euch,
Viola.