Haylie entwickelte sich bis etwa den 8. Lebensmonat ganz normal, bis auf ein paar Kleinigkeiten die sie schon damals nicht lernen wollte. Wie den Pinzettengriff oder Krabbeln. Bis zu diesem Zeitpunkt war sozusagen alles ganz normal.
Wir waren eine kleine junge Familie, mit einem bezaubernden Baby das wir über alles liebten. Wir waren stolz auf jeden Meilenstein den sie erreichte und jeder einzelne Tag war gefüllt mit Lächeln und viel Freude.
Erst nach dem 8.Monat fing sie langsam an abzubauen. Sie hat keinen weiteren Meilenstein erreicht, im Gegenteil sie hat alles wieder verlernt was sie bereits konnte. Selbst das Lächeln, dass mein Herz jeden Tag aufgehen ließ, verlernte sie. Und ich habe gelernt damit umzugehen. Jeden Tag zu nehmen wie er kommt, die kleinen Dinge wert zu schätzen, Kleinigkeiten wie große Meilensteine zu feiern und dankbar zu sein für jeden Tag mit meiner Tochter.
Ich habe gelernt eine gute Mutter für ein schwerkrankes Kind zu sein. Meine ganze Kraft und meine ganze Liebe in ihre Pflege zu stecken. Voll und ganz, zu jedem Zeitpunkt, 24 Stunden am Tag, nur für sie da zu sein. Und ich finde ich darf mir erlauben zu sagen, dass ich das gut mache. Dass ich eine gute Mutter für Haylie bin.
Und nun ist meine kleine Helena schon 7 Monate alt. Sie lernt jeden Tag etwas Neues, und das ist wunderbar! Sie sitzt schon so sicher und das Drehen hatte sie ganz schnell drauf. Und gestern zeigte sie uns dann wieder etwas Neues. Eine große Errungenschaft: den Pinzettengriff. Schon jetzt hat sie Haylie in ihrer Entwicklung überholt und so sehr ich mich darüber freue und so stolz ich auch auf meine kleine Helena bin, so sehr nagt an mir der bittere Beigeschmack dieses neuen Lebensabschnittes.
Von hier an ist nämlich alles NEU für mich.
Bis hierhin habe ich Haylie in ihrer Entwicklung begleitet. Aber darüber hinaus ist alles Neuland.
Und da komme ich nicht darum herum mich zu fragen ob ich denn auch eine gute Mutter für ein gesundes Kind sein werde?
Werde ich sie genug fördern? Werde ich auch nicht zu viel fordern? Werde ich die Balance finden in Lernen und Kind-sein-lassen? Werde ich sie vor Verletzungen bewahren können? Werde ich ihr auch eingestehen können sich zu verletzen um zu lernen?
Werde ich sie genug behüten aber auch keine Löwenmama sein? Werde ich mich genug mit ihr beschäftigen aber auch keine Glucke sein? Werde ich sie loslassen können, wenn es soweit ist und sie in den Kindergarten, Schule, etc kommt?
Werde ich genug Strenge besitzen um sie zu einem fleißigen Menschen, einer guten Schülerin zu erziehen aber gleichzeitig auch nicht zu viel Disziplin von ihr fordern?
Werde ich mit all dem klarkommen, werde ich mich genug über all ihre Meilensteine freuen können, wenn ich daneben meine kleine Haylie sehe, und wie sie immer weiter abbaut?
Wird mein Herz all das wegstecken können?
Werde ich eine gute Mama sein?
Ich weiß es nicht. Ich werde mich bemühen mit all meiner Kraft. Ich werde auch für Helena, sowie für Haylie immer durchs Feuer gehen. Meine Kinder sind mein Leben – das ist ganz sicher und wird sich nie ändern. Alles andere muss ich wohl auf mich zukommen lassen und nehmen wie es kommt, immer mein Bestes geben und hoffen alles richtig zu machen.
Dann betrete ich eben Neuland.
PS: heute Abend werde ich live interviewt von Radio Fritz aus Berlin! Schaut doch rein auf http://trackback.fritz.de/ Mal sehen was der liebe Dennis so über mich und meinen Blog wissen mag. 🙂
Am Sonntag ist Muttertag, ein Tag den ich wie jedes Jahr mit einem lachenden und einem weinenden Auge betrachte. Muttertag mit einem sterbenskranken Kind zu feiern, ist nämlich oft nicht so leicht.
Auf der einen Seite bin ich nämlich an dem Tag super glücklich – weil ich das riesen Glück habe mein wunderschönes Mädchen, trotz aller Prognosen, immer noch bei mir haben zu dürfen. Hier auf der Erde, in meinen Armen. Dieses Glück haben viele Mamas die ich kenne nämlich nicht.
Auf der anderen Seite aber sehe ich am Muttertag und die Tage danach überall Bilder von glücklichen Mamas mit selbstgebastelten Geschenken ihrer Kinder. Mit Muttertags Karten auf denen in krakeliger Schrift „Mama, du bist die beste!“ steht, verzierte Blumentöpfe, selbstgeschriebene Muttertags Gedichte oder von den Kindern selbstgemachtes Frühstück im schönen Hochzeitsgeschirr. Alles Dinge die ich von meinem Mädchen nicht bekommen werde. Weil das nun mal nicht möglich ist.
An einem Tag wie dem Muttertag wird mir wieder mehr bewusst was ich und auch Haylie einfach alles nicht miteinander erleben dürfen, durch ihre Krankheit.
Und dann habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich traurig bin, weil ich mir manchmal auch mehr wünsche, mich nicht immer mit unserer Situation abfinden möchte. Weil ich manchmal egoistisch bin, und neidisch auf die Mütter die das haben, was ich mir so sehr wünsche. Und weil ich mich an manchen Tagen dann eben nicht für diese Mütter freuen kann.
Und dann schwirrt in meinem Kopf der Gedanke, dass dies mein letzter Muttertag sein könnte, mit Haylie. Der letzte als Zweifache Mami – als Mami von Haylie und der ungeborenen Helena.
Was mir dann noch mehr schlechtes Gewissen macht. Allen Müttern gegenüber, deren Kinder nicht mehr hier auf der Erde sein dürfen, in ihren Armen. Die den Muttertag am Grab des Kindes feiern müssen. Die, die auch keine Muttertags Karten mehr bekommen, weil Sie vielleicht gar nicht mehr als Mütter wahrgenommen werden.
Der Muttertag ist also ein zwiegespaltener Feiertag für uns. Einer den wir lieben und hassen zugleich.
Darum möchte ich diesen Muttertag auch an die verwaisten Mütter denken, möchte darauf aufmerksam machen, ihnen auch Gehör verschaffen. Denn auch wenn ihre Kinder nicht mehr in ihren Armen sein dürfen, sind sie dennoch Mütter. Starke Mütter. Überlebende.
Mütter, die trotz dem größten mir vorstellbaren Verlust, nicht aufgegeben haben. Mütter, deren Herz gebrochen ist und die trotzdem durchhalten. Kämpfen. Leben. Lieben. Erinnern.
Diesen Müttern möchte ich sagen, dass ihre Kinder nicht vergessen sind. Dass sie hier waren, und Spuren hinterlassen haben. Dass ich sie sehe und bewundere, dafür wie stark sie sind.
Natürlich leisten auch all die „normalen“ Mamas jeden Tag Großes! Mamas sind wirklich mega – wie es meine Blogger Kollegin Birgit von Muttis Nähkästchen so schön formulierte! Sie hat diesbezüglich zur Blogparade aufgerufen und uns Blogger Kolleginnen gebeten zu erörtern was an Müttern mega ist!
Hier also mein Statement:
#1 Das finden meine Kinder an mir MEGA!
Da ich Haylie nicht fragen kann, stelle ich mir vor das sie mega an mir findet, dass ich immer für sie kämpfen würde, dass ich sie pflege und jeden Tag mit haufenweise Liebe überschütte. Ich denke sie findet mega, dass ich versuche ihr Leben so schön wie möglich zu gestalten und an erster Stelle immer ihre Lebensqualität steht. Bestimmt findet sie auch mega, dass ich ihre Geschichte in die Welt hinaustrage, sie der Welt zeige, voller Stolz.
#2 Das finde ich an mir selbst MEGA!
An mir selbst finde ich mega das ich trotz der vielen Traurigkeit in meinem Leben, ein spontaner, lebensfroher, glücklicher Mensch geblieben bin, und es mir auch ab und zu erlaube etwas nur für mich zu tun. Mega finde ich auch an mir, dass ich den Mut gefunden habe den Verein Hand in Hand gegen Tay-Sachs und Sandhoff zu gründen und für die Zukunft von Tay-Sachs Kinder kämpfe – auch wenn ich weiß, dass es für meine Tochter keine Zukunft geben wird. Mega find ich auch, dass ich trotz meiner sensiblen, oft weinerlichen Art einen Weg gefunden habe stark zu sein. Für meine Kleine und für mich.
#3 Das finde ich an meiner eigenen Mutter ganz MEGA!
An meiner Mama finde ich mega das sie immer für mich da ist, mich auch an den schlechten Tagen begleitet. Ich finde mega das sie in mir lesen kann wie in einem Buch, weil sie mich so gut kennt. Sie hat mich immer unterstützt und in meinen Plänen und Träumen bestärkt. War mir immer eine starke Schulter, und hat mir alle meine bösen Taten verziehen. Sie ist mega, weil sie immer Verständnis für mich hatte, selbst wenn es sonst keiner verstand. Sie ist mega, weil sie viel durchgemacht hat, und trotzdem immer eine super Mama war. Meine Mama ist einfach die beste!
#4 Diese Mütter finde ich MEGA!
Ich finde jede Mama mega, jede Mama leistet Großes! Mamas müssen immer liebevoll und doch konsequent sein. Müssen immer einen Plan haben, dürfen nie mal alles auf den Kopf hauen. Mamas sind einfach mega!
Und im speziellen find ich jene Mama mega, die selbst mit einer Erkrankung kämpfen und sich trotzdem aufopfernd, liebevoll, stark um ihre Kinder kümmern. Mütter die obwohl sie krank sind, trotzdem immer die Kinder an die erste Stelle stellen würden.
Mega sind alle Mamas von kranken oder beeinträchtigen Kindern. Sie leisten oft mehr als man sich überhaupt vorstellen kann. Sie legen ihr eigenes Leben, ihre Träume, Wünsche und Ziele auf Eis, um den Kindern einen bestmöglichen Start ins Leben zu ermöglichen. Sie haben nie Urlaub. Selten Zeit für sich. Kämpfen nicht nur für die Gesundheit ihrer Sprösslinge, sondern auch für Hilfsmittel, für Unterstützung. Sie kämpfen wie Löwinnen und geben niemals auf. Sie sind wirklich mega!
Und natürlich finde ich verwaiste Mamas mega! Mega-stark, unglaublich. Sie werden am wenigsten gesehen und müssen doch am meisten kämpfen. Sie müssen einen Weg zurück ins Leben finden, nach dem Tod des Kindes. Müssen für den Partner, für die anderen Kinder, die Familie, die Freunde, stark sein. Überleben. Sie müssen lügen, jeden Tag, wenn man sie fragt wie es ihnen geht. Sie müssen jeden Tag die Fassade wahren, verstecken, dass ihr Herz gebrochen ist. Und trotzdem machen Sie jeden Tag weiter. Lächeln. Lieben. Leben. Diese Mamas haben den höchsten Respekt verdient. Sie sind wirklich mega.
#5 Das allerbeste MEGA-Muttertagsgeschenk wäre
Das allerbeste Muttertags Geschenk wäre für mich ein Tag ohne Sorgen im Hinterkopf. Ein Tag einfach nur entspannen und mit meinem Mäuschen genießen. Aber eigentlich brauche ich nichts. Nur mein Mädchen in meinen Armen.
Es gibt allerdings Mütter, die dringend Hilfe brauchen!
Schenkt einer Mutter mit Kind einen Schlafplatz oder helft jungen Müttern mit einem Babypaket. Und damit schenkt ihr mit Sinn und das sogar doppelt! Einfach auf www.schenkenmitsinn.at vorbeischauen und Gutes tun! #schenkenmitsinn
H erzlich Willkommen in unserer verrückten Welt! Schön, dass du da bist!
Wer bloggt hier?
Das bin ich! Verheiratete Mama von zwei Mädels, aus Oberösterreich, durch und durch Chaotin, Weltverbesserin, Träumerin und noch vieles mehr, namens Eva. Meine große Tochter Haylie litt am seltenen Tay-Sachs Syndrom und hätte eigentlich nur ca. 3 Jahre alt werden "dürfen", doch sie war eine Superheldin und kämpfte fast 8 Jahre gegen diese Krankheit!
Hier lest ihr über unser Leben mit einer tödlichen Krankheit, wie wir mit der Trauer umgehen, aber auch allerhand aus unserem ganz normalen Mami-Wahnsinn!
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Angelina, 24. Juni 2021