2 Monate seit Haylie’s Tod. Ein Life Update

Blog, Unser Leben privat

Meine wunderschöne Tochter Haylie ist nun bereits seit Zwei Monaten und 5 Tagen Tod. Unfassbar, wie die Zeit verrinnt, und sie einfach nicht mehr hier bei uns ist. Es ist immer noch so unwahrscheinlich unwirklich, sie nicht einfach berühren zu können, ihre Haut zu riechen, oder über ihr feines blondes Haar zu streichen.

Wie ist es mir/uns ergangen seit Haylie gestorben ist?

Im Großen und Ganzen eigentlich recht gut. Ich weiß nicht woran es liegt. Ist es durch die jahrelange Pflege und das mitansehen der stätigen Verschlechterung von Mausis Gesundheitszustand, oder durch das jahrelange Sterben von so vielen anderen Kindern, die wir zum Teil persönlich, zum Teil nur über Facebook kannten, mitbekommen habe. Oder ist es vielleicht einfach Verdrängung? Kommt es vielleicht erst in seinem vollen Ausmaß?

Jedenfalls komme ich die meiste Zeit echt gut zurecht. Sie fehlt mir jeden Tag, aber ich habe Frieden damit geschlossen. Sie hatte es gegen Ende wirklich nicht mehr leicht. Diese Krankheit hat ihr so viel geraubt, mit jedem Infekt, mit jedem Mal Verschleimung der Lunge. Mit jedem Kilo, dass sie abgenommen hat oder mit jedem Unfall. Man konnte die Verschlechterung sehen, auch wenn man es nicht wahrhaben wollte.

Am Schluss war schon jeder Atemzug anstrengend für meine Maus. Und ich hätte nicht gewollt, dass sie ewig so weiterleben muss. Dass sie nie Entspannung erfahren konnte, zumindest in den letzten Wochen oder Monaten nicht mehr. Sie hat so lange gekämpft, und ich bin mir sicher das hat sie nicht für sich getan.

Das hat sie nur für uns getan!

Nur für mich, für ihren Papa, für ihre kleine Schwester und Stefan. Für die Familie und für die Freunde. Für alle, die es sich so sehr gewünscht hatten, dass sie noch ein Weilchen länger bleibt.

Und sie blieb ja auch. Sie blieb so lange wie es nur irgendwie ging.

Und nun darf sie frei sein. Nun darf sie sich entspannen. Sie darf die Liebe genießen, die sie von so vielen Menschen bekam, die sie jetzt bestimmt immer noch ganz nah bei sich spürt. Wo auch immer sie jetzt ist.

Ich weiß es geht ihr jetzt gut. Sie kann all die Kinder wiedersehen, die denselben Weg gehen mussten, durch diese schreckliche Krankheit, und sie kann nun einfach ein richtiges kleines Mädchen sein, spielen, singen, tanzen und endlich wiedersehen! Sie kann hören, und schmecken und essen und alles was sie bestimmt irrsinnig vermisst hat, was sie in den Jahren durch diese Krankheit verloren hat.

Ich bin auch oft noch traurig, manchmal kommen mir die Tränen. Aber nicht, weil sie jetzt frei ist, sondern weil sie überhaupt erst diese Krankheit haben musste. Ich bin meinetwegen traurig, weil ich sie nicht mehr halten kann. Sie nicht mehr berühren kann.

Ich bin wegen ihrem Papa traurig, der sie so wahnsinnig vermisst, für den sie das einzige Kind war und der sie so gerne aufwachsen gesehen hätte.

Ich bin auch wegen Helena traurig, die sie nun nur mehr auf Bildern kennen wird, und nicht erfahren wird wie schön es ist diese tapfere Maus im Arm zu haben.

Manchmal da trifft es mich wie eine Welle, weil ich gerade die Fotos am Handy ansehe, oder weil wir alle gemeinsam in Tracht zu einem Fest gehen, und in mir ganz automatisch das Bild von uns allen Vieren in Tracht vor meinem inneren Auge erscheint.

Dann tut es mir so leid, dass wir nicht mehr Bilder gemacht haben. Dass ich nicht mehr Videos gemacht habe. Dass ich Haylie nicht noch öfter im Arm gehalten habe, ihr nicht noch mehr gezeigt habe wie sehr ich sie liebe.

Manchmal bereue ich, dass ich mir nicht immer genug Zeit dafür genommen habe, ihr Entspannung zu verschaffen, sie zu baden oder ihr einfach eine Massage gegeben zu haben oder ähnliches. In den letzten Monaten hat sich meist alles um die Pflege gedreht, und weil diese schon so viel Zeit in Anspruch genommen hat, und ich auch noch Zeit für mich brauchte und für Helena, ging die Entspannung, die schönen innigen Kuscheleinheiten etc einfach etwas unter.

Ich bereue nicht viel, aber das bereue ich sehr.

Dann sage ich mir immer wieder, dass ich eine gute Mama für Haylie war, dass sie wusste wie sehr ich sie geliebt habe, weil ich es ihr ausnahmslos jeden einzelnen Tag gesagt habe.

Und ich sage immer und immer wieder in Gedanken mein Mantra auf:

„Don’t cry because it’s over. Smile because it happend!“

Und an manchen Tagen fällt es mir schwer. An manchen Tagen leide ich.

Aber an vielen anderen Tagen bin ich auch einfach glücklich! Glücklich sie gehabt zu haben. Glücklich so viel von ihr gelernt zu haben und dankbar dafür, dass sie so extrem lange gekämpft und durchgehalten hat!

So viele andere Mütter hatten nicht so viel Zeit! Sie haben ihre Kinder in einem „viel besseren“ Gesundheitszustand verloren, was das Ganze noch viel unbegreiflicher macht.

Ich habe meinen kleinen Sonnenschein Helena, die mir jeden Tag so viel Liebe und Freude schenkt, und ich habe jetzt die Chance mein Leben nochmal neu zu schreiben, nochmal neue Wege zu gehen.

Wege zu gehen, die etwas bewirken. Ich kann mich neu erfinden, und vielleicht einen positiven Fußabdruck in der Welt hinterlassen.

Und auch durch Haylies Tod habe ich diese Chance nun, dieses Geschenk. Ich kann nun auch ganz frei sein, so wie Haylie auch. Durch ihren Entschluss nachhause zu gehen, gab sie auch mir diese Freiheit, die ich vorher so nicht hatte.

Natürlich habe ich diese Freiheit kaum vermisst, ich hatte ja meinen Engel, den ich begleiten durfte.

Nichts desto trotz, gibt es mir einen Stich ins Herz, wenn ich einen ihrer Verlängerungsschläuche für den Mic-Key Button in die Finger bekomme, oder wenn ich auch nur daran denke ein altes Fläschchen von ihr wegzugeben, oder eines ihrer Lagerungskissen wegzulegen.

Veränderung ist unerträglich.

Alles verändert sich. Mein komplettes Leben! Von Grund auf! Viele traurige Veränderungen aber auch Positive. Und natürlich gehört Veränderung zum Leben einfach dazu und ist wichtig!

Aber Veränderung kann ich zurzeit noch gar nicht ertragen. Alles rundherum verändert sich, das Leben läuft weiter. Alle leben weiter. Nur für mich ist die Welt am 1.April kurz stehen geblieben, und nun ist alles anders.

Darum ertrage ich keine Veränderungen in meinem Zuhause. Nichts darf weggeräumt werden – schon gar nichts von Haylie! – aber auch keine Kissen, keine Bilder umgehängt werden. Nein nicht mal die alten gebrauchten Spritzen, die ausgewaschen und bereit zum Wiederverwenden neben der Spüle stehen, dürfen weggeräumt werden. Alles muss genau so bleiben wie es war, als Haylie noch da war.

Es ist ein wenig verrückt, aber das gibt mir irgendwie ein gutes Gefühl. Sicherheit.

Alle um mich herum haben es was das angeht gerade nicht so leicht, denn wird dann doch etwas umgestellt oder verstaut, flippe ich völlig aus. Dann kommt die ganze Trauer und die ganze Wut geballt aus mir heraus.

Aber ich kann was das betrifft einfach auch nicht aus meiner Haut. Auch wenn ich selber weiß wie unnötig das ist, und wie sehr mein Umfeld dann auch darunter leidet. Aber es ist wie es ist. Ich habe die Hoffnung, dass sich das irgendwann von selbst wieder ändert.

Wie ist es Helena und Stefan ergangen?

Helena hat das ganze denke ich nicht wirklich bewusst mitbekommen, sie fragt nicht nach Haylie oder sucht sie. Nur ein einziges Mal.

Da wurde Haylies Sauerstoffkonzentrator von der Versorgerfirma abgeholt, und ich musste ihn einfach noch einmal anschalten um das beruhigende Geräusch zu hören. Das leise Blubbern und das laute regelmäßige Keuchen.

Dieses Geräusch war wohl auch der kleinen Maus schon allzu vertraut, denn sie rannte regelrecht zu Haylies Platz auf unsere Couch und suchte sie. Mir zerriss es dabei buchstäblich das Herz!

Stefan scheint auf seine eigene Art damit umzugehen. Er sagt er führt oft Gespräche mit ihr in Gedanken, dann bekommt er Antworten, so wie er sich eben vorstellt, dass Haylie antworten würde. Zwei Mal hatte ich auch so ein Gespräch mit ihr, und es war sehr real, als würde sie wirklich mit mir reden. Ihre Antworten waren nämlich nicht genau so wie ich es mir vorstelle wie sie vielleicht antworten würde.

Er hat auch ein kleines Elfenhaus gebaut für Haylies Elfen Garten, den ich seit ihrem Tod angelegt habe und den wir mit ganz viel Liebe als kleinen Gedenkplatz für sie pflege und gestalten. Wir haben einen Kirschbaum auf einer Haarsträhne von Haylie angepflanzt, ein Geschenk von Haylies Papa.

Haylie’s fairy garden

„Haylies Sweet Cherry Tree“ wächst und gedeiht bereits prächtig, und ich ziehe auch ganz viel Kraft aus ihrem kleinen Elfengarten, und daraus ihn aufblühen zu sehen.

Auch zum Grab fahre ich/wir sehr regelmäßig und ich spreche mit Haylie. Demnächst werden wir den Schutt darauf wegbringen und einen Grabrahmen aufstellen, der dann dort bleibt bis wir in ca 1 Jahr dann einen Grabstein aufstellen können. Haylies Opa wird diesen Rahmen für sie bauen, so wird es wieder etwas ganz Persönliches.

Ihr seht, es geht uns alles in allem eigentlich recht gut. Wir leben weiter, denn wir leben auch für Haylie weiter, tragen sie mit uns in unseren Herzen. Und ich spüre sie ganz nah, ich spüre sie zu jeder Zeit ganz nah bei mir.

Die Liebe füreinander wird ebenso weiterleben und wir werden Haylie für immer im Herzen bei uns haben.

One comment
  1. Sabine Antworten
    10. Juni 2018 um 21:48 Uhr

    So stolz wie ihr immer auf eure kleine Kämpfermaus ward weil sie ihr Schicksal so tapfer gemeistert hat, so stolz wird sie jetzt auf euch sein wenn sie sieht wie tapfer ihr weiter macht und so glücklich wird sie darüber sein, dass ihr sie weiterhin im Mittelpunkt eures Lebens sein lasst.

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Das bin ich! Verheiratete Mama von zwei Mädels, aus Oberösterreich, durch und durch Chaotin, Weltverbesserin, Träumerin und noch vieles mehr, namens Eva. Meine große Tochter Haylie litt am seltenen Tay-Sachs Syndrom und hätte eigentlich nur ca. 3 Jahre alt werden "dürfen", doch sie war eine Superheldin und kämpfte fast 8 Jahre gegen diese Krankheit! Hier lest ihr über unser Leben mit einer tödlichen Krankheit, wie wir mit der Trauer umgehen, aber auch allerhand aus unserem ganz normalen Mami-Wahnsinn!
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